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Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung bei Betriebsschließungen?

Die Frage, ob der Arbeitgeber aufgrund des geschlossenen Betriebes die Zahlung von Löhnen aussetzen kann, ist derzeit mangels rechtlicher Regelung nicht abschließend geklärt.

Die Verpflichtung des Arbeitsgebers zur Entgeltfortzahlung bei Betriebsschließungen nach dem Epidemiegesetz kommt aufgrund des neuen COVID-19 Maßnahmengesetzes nicht mehr zur Anwendung.

Die aktuell teilweise kolportierte Rechtsauffassung, dass der Arbeitgeber für den Zeitraum der Betriebsschließung aufgrund der Pandemie von seiner Entgeltfortzahlungspflicht nach § 1154b ABGB befreit ist, dürfte ab Freitag 20.03.2020 (siehe weiter unten) nicht mehr vertretbar sein, weil ein neues Gesetz diese Unklarheit regeln dürfte.

Diese Auffassung argumentierte, dass die Arbeitsleistung aufgrund von höherer Gewalt unterbleiben muss, die nicht nur den konkreten Arbeitgeber, sondern die Allgemeinheit trifft. Die aktuelle Pandemie ist zweifelsohne als eine solche höhere Gewalt zu sehen. Diese Ansicht wird auch durch die Entscheidungen des OGH (9ObA202/87 und 9ObA27/88) untermauert. Nach Ansicht des OGH entfällt bei umfassenden Elementarereignissen, welche auch die Allgemeinheit betreffen, die Entgeltzahlungspflicht des Arbeitgebers. Als Beispiele dafür nennt der OGH Seuchen, Krieg, Revolution und Terror, der sich nicht nur gegen das Unternehmen richtet. Die aktuelle COVID-19-Pandemie ist unzweifelhaft als Seuche zu bezeichnen.

Nach anderer - arbeitnehmerfreundlicheren - Ansicht, ist es nicht eindeutig, dass der Arbeitgeber sich auf die höhere Gewalt berufen kann, da die Regierung eine neue Kurzarbeitsregelung und einen Krisenfonds installiert hat und dadurch der Bund mittelbar (statt unmittelbar wie bei Anwendung des Epidemiegesetzes) für die Lohnkosten einspringt. 

Am 18.03.2020 hat der Direktors der Arbeiterkammer Wien Christoph Klein in einer Aussendung informiert, dass die Sozialpartner und die Bundesregierung die Lösung diese Problems vereinbart haben. Am Freitag, dem 20.03.2020, wird im Nationalrat ein Gesetz beschlossen, welches „klarstellt, dass Beschäftigte jener Betriebe, die von der verordneten Betretungsbeschränkung betroffen sind, weiterhin ihr Gehalt bzw. Lohn erhalten“.

Auch wenn der Arbeitgeber von seiner Entgeltfortzahlung - wie oben dargestellt – in Krisenzeiten uU befreit sein könnte, empfehlen wir jedenfalls mit der Entscheidung, ob der Lohn ausbezahlt wird, noch zu zuwarten, da erst  nach Erlassung des neuen Gesetztes Gewissheit über die Entgeltfortzahlungspflicht herrschen wird. Dem Wortlaut der Aussendung der Arbeiterkammer Wien zu schließen, ist unserer Einschätzung nach sehr wahrscheinlich mit einer Entgeltfortzahlungspflicht des Arbeitgebers zu rechnen.

Weitere Informationen bekommen Sie beim Autor dieses Artikels: Rechtsanwalt Mag Christian Kux